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23-jähriger starb, weil die 112 nicht helfen konnte

von Sören Padel

An einem dunklem Januarabend wandte sich der junge Mann mehrfach an die Notrufnummer und gab unter anderem an, bei jedem Versuch aufzustehen, ohnmächtig zu werden. Da die Notrufzentrale keine Ärzte beschäftigt (warum auch), gab die das Gespräch annehmende Krankenschwester die Information an einen diensthabenden Arzt weiter. Dieser versuchte ohne Erfolg, den 23-jährigen anzurufen (auf die Idee, den Patienten aufzusuchen, kam der Mediziner offenbar nicht). Da der mit dem Tod Ringende nun nicht antwortete, war die Sache für SOS-Alarm erstmal erledigt. In anderen Ländern hätte man einen Rettungswagen oder zumindesten eine Polizeistreife zu dem um Hilfe Bittenden geschickt. Aber andere Länder, andere Sitten. Wenige Stunden später entdeckte ein Nachbar die Leiche des Simulanten. Der Vorfall ist erst jetzt veröffentlicht worden.

Wer das schwedische Gesundheitssystem kennt, ist nicht wirklich überrascht über dieses Ereignis. Dabei sind die Ausgaben per Einwohner in Schweden ungefähr auf dem gleichen Niveau wie in Deutschland. Aber es gibt tiefgreifende, strukturelle Mängel, die für diese Gesellschaft unlösbar zu sein scheinen. Warum übernehmen zum Beispiel die Ärzte viele Arbeiten, die in Deutschland von Ärztesekretärinnen übernommen werden, während der erste Kontakt eine Patienten grundsätzlich via einer Krankenschwester (m/w) geschieht? Wozu diese unselige Wartesystem, bei dem Kapazitäten nicht genutzt werden, wenn ein Patient nicht zur Behandlung erscheint, während gleichzeitig horrende Wartezeiten aufgebaut werden (vgl. Vårdgaranti). Warum kann man die Patienten nicht in erster Linie als Menschen begreifen, sondern sieht diese als physiologische Defekte. Usw. Offensichtlich fehlt der Wille, das seit Jahrzehnten praktizierte System in Frage zu stellen oder gar zu reformieren. Egal, wieviel Menschen unnötig leiden oder gar sterben. Das Versagen des Gesundheitswesens geschieht täglich, wenn auch selten so dramatisch und offensichtlich wie in diesem Fall, aber nichtsdestotrotz mit genauso tragischen Konsequenzen für die Betroffenen und deren Angehörige.

 

http://sverigesradio.se/sida/artikel.aspx?programid=2108&artikel=4453001

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